Ankunft

 

R.Hugh

 

 

"Was für ein hübsches Bauwerk", rief Yahya Toba und klatschte in die Hände. Der weiße Steinbau mit der blauschimmernden Kuppel stand auf einem kleinen Hügel inmitten der Ansiedlung. Der Fahrer des großen Überlandbusses fluchte vor sich hin, weil er von Yahyas Ausruf abgelenkt aus der ausgefahrenen Spur geraten war und das Fahrzeug heftig schwankte. Hinten im Bus klapperten Gegenstände, gackerten aufgeregte Hühner in ihren Transportkäfigen. "Es ist ein Kleinod, wie ich es seit..." Yahya Toba zögerte.
"Gleich werden Sie es wieder sehen",sagte Faruk, der Fahrer, "gleich, wenn wir ankommen. Es ist sehr alt, stammt noch aus der osmanischen Zeit."
"Das dachte ich mir", meinte Yahya. "Was so aussieht..."
Der schwere Bus schaukelte über eine schlecht befestigte Straße zwischen dicht gedrängt stehenden Dorfhäusern aus weißgekalktem Stein. Der mit Kisten und Säcken beladene Anhänger rumpelte, hüpfte mehr, als er fuhr, über das an Schlaglöchern reiche Pflaster hinterher.
"Ich habe deswegen schon manchen Städter hier heraus gefahren, Herr", setzte der Fahrer nach kurzem Zögern das Gespräch fort. "Es gibt noch andere Tempel hier in der Gegend." Faruk Fahan lenkte das schwere Gefährt auf den Dorfplatz, wo sich für eine ländliche Siedlung ziemlich viele Menschen aufhielten. "Einige der Moscheen werden heute wieder benutzt."
"Für den alten Glauben?"
"Ja, Herr. Auf dem Lande halten die Leute nicht viel davon, daß Allah einen Sohn gehabt haben soll, der auch noch bei den Juden zur Welt gekommen ist. Und was der Amir glauben will, das ist seine Sache. Verzeihen Sie, Herr, aber so ist das nun mal."
"Aber sicher."
"Wenn es Sie interessiert, Herr",sagte Faruk, während er den Überlandbus direkt unterhalb des Tempels an einer Steinmauer zum Stehen brachte, "ich stamme aus einem Ort nicht weit von hier, Riyaq'dani, da gibt es eine noch viel größere Moschee. Sie ist allerdings nicht mehr so intakt, wie diese hier in El Yaatr, besser gesagt, sie ist eine Ruine. Ich zeig' sie Ihnen gerne, wenn Sie bis dorthin mitfahren." Er drehte seinen Sitz Yahya Toba und dem Ausgang zu. "Aber Sie wollen hier ja aussteigen, Herr." Faruk drückte den Türöffner.
"Ja",antwortete Yahya Toba und stand auf, als die Tür mit leisem Zischen zurückglitt und die Rampe sich absenkte. "Dennoch, herzlichen Dank für Ihr Angebot." Er griff sich seinen Umhang vom Nebensitz, legte ihn gefaltet über seinen linken Unterarm und schritt die Rampe hinab.
Es war die Zeit der Sommerhitze, wenn das Getreide reifte und man abschätzen konnte, wie die Ernte wohl ausfallen würde. Im Dorf erwartete man den Gerechten Zeugen mit seinem weißen Clithan, jenem rituellen Kleidungsstück, das aus einem gewöhnlichen Mann eine Autorität in gerechten Entscheidungen machte. Er hatte darüber zu entscheiden, wieviel aus dem Getreideverkaufserlös eines Jahres die Dorfleute an ihren Fürsten, Amir Talal Hussein abzuliefern hatten.
Der Frachtmeister stand auf dem Anhänger und überwachte das Abladen von Gerätschaften und Paletten mit Säcken, die vermutlich landwirtschaftliche Chemikalien enthielten, vielleicht auch Saatgut für die Herbstaussaat. Ungehalten herrschte der Frachtmeister die jungen Leute an, die das Kranseil an einer Palette anbrachten, ja vorsichtig mit den kostbaren Säcken umzugehen. Sie seien nicht Tausende von Meilen transportiert worden, um hier kaputt gemacht zu werden. Dennoch zerriss einer der Säcke, als sich das Zugseil straffte, und ein weißes Pulver rieselte heraus, wurde vom Wind zu einer kleinen, weißen Wolke zerstäubt. Chemikalien also, registrierte Yahya. Der Frachtmeister brüllte, so laut, daß sein Kopf ganz rot anlief, und die jungen Leute, die das Kranseil angebracht hatten, duckten sich vor dem aufgebrachten Mann in der dunkelgrauen Uniform.
"Herr Frachtmeister!", rief Yahya Toba. "Herr Frachtmeister! Könnte ich mein Gepäck haben?"
"Du wartest, bis du an der Reihe bist", polterte der immer noch Rotgesichtige los, schaute sich dann aber nach dem Rufer um und erschrak, als er den vornehm gekleideten Yahya erblickte. "Oh, entschuldigen Sie, Herr, ich dachte..., ja, natürlich, sofort." Wieder brüllte er seine Helfer an, wies auf weitere Säcke, die ebenfalls in El Yaatr abzuladen waren, kletterte dann vom Anhänger und ging gemessenen Schritts, ganz seiner uniformellen Würde bewußt, aber auch seiner Körperfülle entsprechend, an die Seite des Überlanders, um die Gepäckklappe zu öffnen. Ein offensichtlich wohlhabender Dorfbewohner, der mit Yahya gemeinsam im vorderen Erste-Klasse-Abteil des Busses gefahren war, auf der gesamten Fahrt aber kaum ein Wort gesprochen hatte, wartete bereits. Yahya nickte ihm freundlich zu.
"Sie sind der Gerechte Zeuge, der zur Ernteschätzung kommt",stellte der Wohlhabende abschätzend fest. Yahya hob erstaunt die Augenbrauen, als der Mann ihn plötzlich von sich aus ansprach, wo er doch die ganze Fahrt über so schweigsam gewesen war.
"Ja, das stimmt",antwortete Yahya. "Deswegen bin ich hier."
"Ist es wahr", fragte der Mann weiter, während der Frachtmeister die Gepäckstücke aus dem Bauch des öberlanders ziehen ließ, "ist es wahr, was ich in Beirut gehört habe? Ein Minister aus Europa will unser El Yaatr besichtigen?"
Yahya bestätigte, daß ein Herr aus Deutschland Amir Talal Hussein einen Besuch abstatten wolle. "Sein Bericht ist ausschlaggebend dafür, welche Hilfsgelder die ehemals libanesischen Gebiete künftig bekommen werden. Ob er aber den Palast verläßt und die Strapazen einer Fahrt über die Ländereien unseres Fürsten auf sich nimmt, weiß ich nicht."
"Ich denke schon", meinte der Mann. "Schauen Sie sich doch um." Er nahm zwei edle Lederkoffer in Empfang, schnippte mit den Fingern. Einer der herumlungernden Burschen, die jedesmal gaffend am Marktplatz standen, wenn der tägliche Bus aus der Stadt im Dorf Station machte, sprang herbei und nahm die Koffer vom Boden auf. Sie schienen schwer zu sein, denn der Junge rief noch einen zweiten Burschen, mit dem er sich das Gewicht teilen konnte. Yahya Toba blickte in die Runde. Händler hatten auf Bänken und Tischen, aber auch in großen, wetterfesten Marktständen allerlei Waren aufgebaut: Hausrat, Tuche, meist Produkte aus dem nahen Syrien, an manchen Ständen aber auch teuere Importe aus Europa oder Amerika.
"Ich kann nichts Besonderes feststellen", meinte Yahya Toba nach seinem Rundblick.
Der vornehme Dorfbewohner, der sich mit seinen Trägern gerade in Bewegung gesetzt hatte, verharrte, schaute Yahya Toba kurz an und gab zur Antwort: "Sie werden es auch kaum bemerken. Sie leben ja nicht hier. Es sind mehr Milizionäre im Dorf als üblich. Und...",der Mann deutete mit seinem Stock in die Menge, wo ein Uniformierter Entgegenkommenden und Vorbeieilenden aufmerksam ins Gesicht sah, "...sie suchen jemanden."
Yahya schnippte mit den Fingern, wie er es bei seinem Reisegefährten gesehen hatte, der mit seinen Trägern gegangen war, ohne sich weiter um Yahya zu kümmern. Ein Mann drängte sich durch die Menge der Kauflustigen. Yahya schaute ihm zu, wie er unter einer Palette wegtauchte, die gerade vom Hänger geschwenkt wurde, dann den Bus entlang eilte, auf die vordere Einstiegsrampe zu.
"Wohin soll ich die Tasche tragen, Herr?", fragte ein Junge.
Yahya brummte nur, beobachtete weiter den Mann, der sich gehetzt umschaute und dann betont langsam, beinahe zu unauffällig die Rampe hinauf ging. "Weißt du ein gutes Gasthaus?", fragte Yahya den Jungen, ohne seinen Blick von dem Mann zu nehmen.
"Es gibt zwei Gasthöfe in El Yaatr", antwortete der Junge, sonst nur Cafés."
"Und?" Yahya würdigte den Jungen kaum mehr als eines flüchtigen Blicks.
"Da ist einmal 'die Mühle' ",erklärte der Junge, "Dieser Gasthof heißt eigentlich 'Herberge in der Mühle am klaren Quell', aber wir nennen ihn nur 'die Mühle'. Ich nehme an, daß dort die Gutsvorsteher und Händler wohnen werden. Morgen ist Ernteschätzung. Sie sind der Gerechte Zeuge, nicht?"
"Ah, ja", gab Yahya zerstreut zur Antwort, während er sich auf dem Platz umschaute, dabei immer wieder einen Blick zu den Vorgängen im Bus hin warf. Die Milizionäre auf dem Platz schienen sich vervielfacht zu haben. Sonst registrierte sein Scharfblick keine offensichtliche Veränderung. "Und weiter?" Zum ersten Mal schaute er den kleinen Burschen an, der bereit war, ihn zu einem Gasthof zu begleiten.
"Na, und dann gibt es noch das 'Pfauenrad'. Es gehört Nahas Maher, dem Mann, der gerade mit dem Fahrer im Bus spricht. Er ist..." Der Junge unterbrach sich, biß sich auf die Lippen.
Yahya hob fragend die Augenbrauen. "Nun, was?"
"Nichts, Herr. Es ist nur..., die Miliz glaubt, daß er etwas mit den Palästinensern zu tun hat."
"Hmm", machte Yahya. "So, so. Ist er denn Palästinenser?"
"Das nicht, Herr. Seine Vorfahren aber sollen welche gewesen sein. Wir haben hier nur sehr wenige Palästinenser, Herr. Auf den Gütern des Amir al muninin arbeiten welche."
"Also",sagte Yahya, "erstens solltest du unseren Fürsten nicht so nennen. Du weißt wie jeder, daß er christlichen Glaubens ist, wie fast alle seine Untertanen in der Stadt, und zum anderen..."
"Tut mir leid, Herr. Jeder im Dorf nennt ihn Amir al muninin, auch die Erwachsenen. Wir sind gläubige Muslime, und weil Amir Talal Hussein unser Fürst ist, muß er doch auch der Beherrscher aller Gläubigen sein..."
Yahya mußte schmunzeln, als er den Jungen so gewandt argumentieren hörte. "Also gut, dann bringe mich zum 'Pfauenrad' ", meinte er. Er warf einen letzten Blick zum Bus hin, wo der Fahrer und der Wirt des Gasthofes, zu dem er jetzt gehen wollte, sich heftig gestikulierend unterhielten. Still vor sich hinlächelnd folgte er dem Jungen.
"Unten, Faruk, hinter der Klappe", flehte Nahas Maher. "Bitte!"
Der Fahrer des Überlanders machte eine Handbewegung, die Hilflosigkeit andeuten sollte. "Dafür bin ich nicht der Richtige, Mann, da mußt schon du zum Frachtmeister gehen. Und der hält dich für verrückt. Menschen fahren nicht hinter der Gepäckklappe. Vor wem hast du denn solche Angst? Ich werde dir mal... Aah!" Faruks Blick war nach draußen gewandert. Nahas Maher, der Pfauenradwirt brauchte nur einen kurzen Moment, um Faruks `Aah!' zu deuten. Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, erbleichte, riß dann den Mund weit auf, um rasch und heftig zu atmen, schaute sich nervös nach einem Versteck oder Fluchtweg um, noch ehe Faruk Fahan "Miliz" hervorstoßen konnte. "Ich habe Frau und Kinder, Nahas", sagte Faruk, "ich verliere meine Arbeit, aber gegen die Miliz... Setz dich auf meinen Sitz! Nimm meine Mütze und tu' so, als seist du der Fahrer!..."
"Zu spät, Faruk. Sie erkennen mich. Angebliche Palästinenser erkennen sie immer." Nahas Maher machte auf dem Absatz kehrt und ging die Rampe hinab. Zu rennen hätte wenig Sinn gehabt. Die Milizer wären nur aufmerksam geworden. So ging er, so ruhig er konnte, über die kurze Strecke, die ihn von der Mauer unterhalb der Moschee trennte. Erst als er mit den Füßen auf eine der Ruhebänke trat, die dort im Schatten der Mauer aufgereiht standen, und sich hinaufschwang, um über ein Geländer auf dem Platz vor dem Tempel zu verschwinden, wurde ein Milizionär aufmerksam. Gellend schrillte die Milizerpfeife. Die Leute auf dem gesamten Platz erstarrten, blieben stehen, wo sie waren, wagten nicht, sich von der Stelle zu rühren. Wenn die Milizerpfeife schrillt - dann bleibe stehen, wo du bist - es ist Gesetz, die Regel gilt - ein Bösewicht so schnell zu fassen ist. Dieser Merkspruch, den zu Zeit der schlimmsten Unruhen jedes Kind auswendig gelernt hatte, schien hier auf dem Lande noch seine Gültigkeit zu haben, wie an der Wirkung des Pfeifengeschrills abzulesen war. Zehn, zwölf, Milizionäre rannten durch die starr stehende Menge. Die Methode funktionierte. Und die Miliz schien auch härter auf die Mißachtung ihrer Anordnungen zu reagieren, als sie dies in einer der Städte gewagt hätte. Wenige Schritte vom Halteplatz des Überlandbusses entfernt schrie ein Mann plötzlich schmerzerfüllt auf und rief dann: "Ich habe doch gar nichts gemacht, verdammt!" Die Elektrogerte eines Milizers hatte ihn getroffen.
Der Junge mit Yahya Tobas Gepäck war stehengeblieben, als die Milizerpfeifen schrillten. Nicht so Yahya. "Komm schon, Junge!",sagte er. "Das war auf dem Marktplatz, nehme ich an, nicht hier. Was bleibst du also stehen?"
"Die..., die Milizer",stotterte der Junge, der Yahyas Tasche abgestellt hatte.
Yahya ging die zwei Schritte zu dem Jungen zurück, bückte sich und hob das Gepäckstück auf. "Nun komm!", herrschte er ihn an. "Du wolltest mich zum `Pfauenrad' bringen und nicht hier herumstehen." Yahya ging einige Schritte, drehte sich dann nach dem immer noch still dastehenden Jungen um. "Du siehst doch, hier in der Gasse tut sich nichts. Siehst du auch nur einen Milizionär?" Er deutete mit dem ausgestreckten Arm in die Runde. Der Junge schüttelte den Kopf. "Weißt du überhaupt, was hier vor sich geht, Junge?", fragte Yahya. Er streckte die Hand aus und der Junge ging die paar Schritte auf ihn zu, zögernd, dann, als habe er sich entschlossen, plötzlich lockerer:
"Na gut. Geben Sie ihre Tasche wieder her. Es ist nicht mehr weit... Aber ob sie dort jetzt ein Zimmer bekommen, Herr, das weiß ich nicht."
"Das laß mal meine Sorge sein. Wieso sollte ich keines bekommen?" Sie schritten die gepflasterte Straße entlang, deren alte, abgewetzte Steine noch aus der Türkenzeit zu stammen schienen, glatt geschliffen waren, poliert von Millionen von Füßen, die im Laufe der Zeit darüber gegangen waren.
"Die verdammte, ungläubige Miliz...", antwortete der Junge, schwieg dann aber, als ob damit schon alles gesagt wäre. Sie kamen auf einen kleinen Platz, wo ein Brunnen hinter einem wertvollen, schmiedeeisernen Gitter vor sich hin plätscherte. Einige Kinder spielten mit Steinen und Strohstäbchen irgend ein kompliziertes Wettspiel. Ein Hund lag faul in der Sonne, sprang aber auf, als Yahya und der Trägerjunge auf den Platz traten. Der Junge deutete auf die andere Seite des Platzes: "Das Pfauenrad", sagte er. Im selben Augenblick wurde die idyllische Stille jäh unterbrochen vom knatternden Lärm eines Helikopters, der sich langsam über die Hausdächer schob.
Die Tür des Gasthofes hatte sich geöffnet und mehrere Gesichter spähten vorsichtig aus dem Schatten heraus in den Himmel. "Was haben die Leute?", fragte Yahya, als der Hubschrauber über die Häuser verschwunden war. Anstatt einer Antwort, deutete der Junge , die Lippen fest zusammengepresst, mit dem Kopf in Richtung des Gasthofes. Yahya konnte dort aber nicht mehr entdecken als schon vorher. Der Hubschrauber flog ein zweites Mal über den Platz. Und Yayha betrachtete zunehmend interessiert die Szene vor dem Gasthof, wo die Leute jetzt beieinander standen und erregt diskutierten.
"Nun", meinte Yahya, "es ist also etwas dran, an dem, was du mir vorhin versuchtest zu erzählen." Er nickte gedankenvoll mit dem Kopf: "Interessant."
"Jeder hier im Dorf weiß, daß Nahas Maher während des Aufstandes Palästinenser versteckt hat, Herr. Nicht nur er. Das ganze Dorf hat die PLO mit Nachschub versorgt... Aber das ist Ihnen sicherlich bekannt, Herr."
"Interessant", murmelte Yahya ein weiteres Mal, und dachte dabei daran, daß der Junge zum Zeitpunkt des Aufstandes ja noch nicht einmal geboren war. Nachdenklich zog er ein von einem einfachen Gummiring gehaltenes und gerolltes Bündel Geldscheine aus der Hosentasche, reichte dem Jungen einen Schein. "Danke, mein Junge", sagte er.
"Ich kann nicht herausgeben", wehrte der Junge ab. "Na, dann hast du sicher nichts dagegen, wenn du den Schein ganz behalten darfst", meinte Yahya und nahm von dem Jungen seine Tasche entgegen. Der Junge nahm das Geld, bedankte sich und rannte ohne ein weiteres Wort davon. Der Helikopter kam ein weiteres Mal über die Häuser. Und während alle Menschen nach oben starrten, trat Yahya Toba in eine Nische zwischen zwei Häusern, so daß er geschützt war vor neugierigen Blicken. Aus dem Innern seiner Tasche förderte er ein kleines, handliches Funkgerät zutage.
"Also", sagte er, nachdem er die Antenne ausgezogen und sich gemeldet hatte, "es ist genug. Ihr habt ihn aufgescheucht. Nun bin ich an der Reihe. Ich miete mich jetzt als Gerechter Zeuge in seinem Gasthof ein. In einer halben Stunde etwa könnt ihr mit der Durchsuchung des `Pfauenrades' beginnen. Und vergesst nicht, rüde aufzutreten, damit ich mich als Retter in der Not einmischen kann. Wenn wir ihn überführen wollen, muß ich das Vertrauen seiner Frau gewinnen. Klar?"
"Klar",kam die Antwort aus dem Helikopter. "Maher wird zu mir kommen, noch bevor die Ernteschätzung vorbei ist. Denn wo anders als bei mir, dem Gerechten Zeugen sollte er sonst Hilfe finden gegen euch 'ungläubige Milizionäre'."
"Wie bitte?"
"Ach nichts. Ich habe nur einen kleinen Jungen zitiert, der mir die Tasche getragen hat. Ihr seid nicht beliebt hier. Yahya Toba, Ende."
Yahya Toba steckte sein Funkgerät weg und trat wieder auf den Platz hinaus, wo vor dem Gasthof immer noch Grüppchen von diskutierenden Männern standen. "Selam",grüßte er die Männer, die in ihrer Diskussion innegehalten hatten und ihn mißtrauisch beäugten. "Selamaleikum. Ich möchte mich hier im Gasthof einmieten. Yahya Toba ist mein Name. Ich komme zur Ernteschätzung und bin der Gerechte Zeuge."

©1987/88

product verlag
ernst-walter hug
schwäbisch hall

Falls Ihnen die Geschichte gefallen hat, wäre es sehr erfreulich für den Autoren, wenn sie den nachfolgenden PayPal Spenden-Button bedienen würden.

Danke
für Ihre Unterstützung

Mit PayPal zahlen Sie
schnell, kostenlos und sicher